Datenschützer: Vorratsdatenspeicherung jetzt EU-weit kippen

Rechtmäßigkeit der zugrundeliegenden EU-Richtlinie prüfen

 

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, der Datenschutzflügel der FDP und die Piratenpartei wollen, dass nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung auch die zugrundeliegende EU-Richtlinie fällt. Die Chancen stehen nicht schlecht.

 

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts fordern Datenschützer und Bürgerrechtler nun einen Stopp der flächendeckenden Überwachung in der gesamten Europäischen Union. "Die verdachtslose Erfassung vertraulicher Verbindungen und Bewegungen der gesamten Bevölkerung muss jetzt von der Politik schnellstens zurückgenommen werden", sagte Florian Altherr vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. Staaten wie Österreich, Schweden und Rumänien verweigerten die Vorratsdatenspeicherung bis heute. In bereits anhängigen Verfahren in Irland und Ungarn könne die grundrechtswidrige Vorratsdatenspeicherung schon bald dem Europäischen Gerichtshof zur Prüfung vorgelegt werden.

Auch die FDP-Innenexpertin Gisela Piltz sagte, das Urteil müsse "Anlass dazu geben, auch auf europäischer Ebene die Frage zu stellen, ob an der Vorratsdatenspeicherung festgehalten werden soll".

Dem Richterspruch zufolge verstößt die Vorratsdatenspeicherung in ihrer gegenwärtigen Umsetzung in Deutschland gegen das Fernmeldegeheimnis und ist darum verfassungswidrig. Das Gesetz sei nicht verhältnismäßig, fehlende Datensicherheit und Verschlüsselung bei der gigantischen Sammlung lüden zum Missbrauch ein und Betroffene würden über die Verwendung ihrer Daten nicht benachrichtigt. Auch die Verwendungszwecke der Daten seien nicht hinreichend begrenzt. Deutschland sei bei der Umsetzung des europäischen Rechts über die Vorgaben hinausgegangen. Bisher gespeicherte Daten, so Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier, seien zu löschen. Doch eine Speicherungspflicht in dem vorgesehenen Umfang sei "nicht von vornherein schlechthin verfassungswidrig", heißt es in der Urteilsbegründung.

Auch Reding will Überprüfung

"Unser Etappenziel ist gemeinsam mit unseren Verbündeten erreicht", sagte Jens Seipenbusch, Vorstandsvorsitzender der Piratenpartei. "Jetzt gilt es, den Schwung auf europäischer Ebene zu nutzen, um die zugrundeliegende EU-Richtlinie für unrechtmäßig zu erklären, damit die Vorratsdatenspeicherung nicht über diesen Umweg eingeführt werden kann."

Die neue EU-Justizkommissarin Viviane Reding hatte bereits angekündigt, die EU-Richtlinie grundlegend zu überprüfen. Sie werde sich für ein Gleichgewicht zwischen der Terrorismusbekämpfung und der Achtung der Privatsphäre einsetzen und die Richtlinie noch in diesem Jahr auf den Prüfstand stellen.

Auch der IT-Branchenverband Bitkom begrüßte die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung. "Wer bei uns die Freiheit im Internet einschränkt, büßt an Glaubwürdigkeit ein, wenn er für mehr Freiheit in China oder im Iran eintritt", sagte Verbandschef August-Wilhelm Scheer auf der Computermesse Cebit in Hannover. Er forderte die Bundesregierung auf, Gesetze für das Internet künftig vorab gründlicher zu prüfen. Die Unternehmen hätten eine dreistellige Millionensumme in Personal und Technik für die Vorratsdatenspeicherung investiert. 

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