Interviews mit Häftlingen sind grundsätzlich Teil der Medienfreiheit

Medienschaffenden darf nicht ohne guten Grund verwehrt werden, in einer Strafanstalt ein Interviews mit einem Häftling zu führen. Das Bundesgericht hat dem Schweizer Fernsehen (SF) Recht gegeben und die Zürcher Justiz verpflichtet, neu zu entscheiden.

 

SF hatte das Zürcher Amt für Justizvollzug im Oktober 2009 darum ersucht, mit einem Häftling in der Strafanstalt Pöschwies ein Fernsehinterview führen zu dürfen. Für einen Beitrag in der Sendung «Reporter» sollten ein Porträt über den Inhaftierten erstellt und verschiedene Situationen seines Lebens gezeigt werden. Die Bewilligung wurde SF von den Behörden verwehrt. Das Zürcher Verwaltungsgericht bestätigte den Entscheid und stellte sich dabei auf den Standpunkt, dass für Medienschaffende grundsätzlich kein Anspruch darauf bestehe, Zugang zu Strafanstalten zu erhalten und dort mit Gefangenen Interviews zu führen.

 

Das Bundesgericht hat die Beschwerde von SF nun gutgeheissen und das Verwaltungsgericht verpflichtet, eine Abwägung der Interessen vorzunehmen und dann neu zu entscheiden. Laut den Richtern in Lausanne fällt die Durchführung eines Interviews in einer Haftanstalt grundsätzlich in den Schutzbereich der Medienfreiheit. Erfasst werde von diesem Grundrecht jegliche Form journalistischer Informationsbeschaffung. Das bedeutet laut Bundesgericht allerdings nicht ein Recht auf freien Zugang zu Strafanstalten. Die allfällige Verweigerung einer Bewilligung müsse aber begründet sein.

 

Interessenabwägung erforderlich

 

Dabei stehe die Frage im Vordergrund, ob das Interesse an einem sicheren und geordneten Strafvollzug der Drehbewilligung entgegen stehen könnte. Zu prüfen seien vom Verwaltungsgericht weiter die allfälligen Auswirkungen auf Dritte, wie andere Anstaltsinsassen, das Personal, aber auch auf Opfer und deren Angehörigen. Näher anzuschauen sei auch das konkrete Filmprojekt. Zu klären sei schliesslich, ob den Sicherheitsbedenken dadurch Rechnung getragen werden könnte, dass das Interview wie vorgeschlagen unter Aufsicht im Besucherzimmer durchgeführt würde und die Aufnahmen vor ihrer Ausstrahlung von der Anstaltsleitung visioniert werden könnten.

 

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