Der Zentralvorstand der Mediengewerkschaft comedia hat sich an seiner
Sitzung vom 6. Juni mit den Ereignissen bei der Tamedia befasst:
comedia protestiert gegen die Massenkündigung, die Missachtung der
Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechte sowie gegen die Lohnkürzungen
für die ZeitungsverträgerInnen.
Sie sichert den Gekündigten und insbesondere auch den entlassenen Präsidenten und Mitgliedern der Personalkommissionen von «Tages-Anzeiger» und «Bund» sowie den
ZeitungsverträgerInnen ihre volle Unterstützung zu. comedia begrüsst
es, dass sich auch die ILO an ihrer Konferenz nächste Woche mit der
Entlassung von Peko-Mitgliedern bei Tamedia befassen wird.
Tamedia machte im vergangenen Jahr 105,8 Mio. Fr. Reingewinn, die
Besitzer zweigten sich davon über 30 Mio. Fr. in die eigene Tasche ab.
Insgesamt über 1 Mrd. Fr. wurden von den Eigentümern allein seit dem
Jahr 2000 (Börsengang) aus dem Unternehmen herausgezogen. Wenn Tamedia
heute von Sparzwang redet, dann möchte comedia daran erinnern, dass
der «Tages-Anzeiger» während mehr als hundert Jahren seinen
Besitzerfamilien ungeheure Gewinne brachte und erst in diesem Jahr
möglicherweise in die roten Zahlen rutscht.
Es wäre für die reiche Tamedia ohne weiteres möglich, ein paar
Krisenjahre beim «Tagi» ohne Entlassungen und Lohnkürzungen
durchzustehen. Doch davon ist nicht die Rede: Ende Mai wurden rund 60
Mitarbeitende entlassen, weitere 36 erhielten eine Änderungskündigung
(Reduktion von Arbeitspensen und Löhnen), und die Verträge mit rund 20
freien MitarbeiterInnen wurden aufgelöst. Den ZeitungsverträgerInnen
will Tamedia zusammen mit der NZZ die heute schon tiefen Löhne um bis
zu 20% kürzen.
Zu den entlassenen Journalistinnen und Journalisten gehören unter
anderem sechs Mitglieder der Personalkommissionen von «Tages-Anzeiger»
und «Bund». Auch die beiden Präsidenten der Personalkommissionen sind
gekündigt worden. Damit hat Tamedia auf gravierende Weise die
Arbeitnehmerrechte missachtet. Personalkommissionen müssen sich für
ihre KollegInnen engagieren und exponieren können, das ist ihre
Aufgabe. Wenn Personalvertreter für ihr Engagement mit Entlassung
bestraft werden, ist die Sozialpartnerschaft am Ende.
comedia verurteilt die Entlassung der Personalvertreter bei
«Tages-Anzeiger» und «Bund». In anderen Ländern wäre sie gesetzlich
nicht erlaubt. Der fehlende Kündigungsschutz für
ArbeitnehmerverteterInnen in der Schweiz - und das Vorgehen von Tamedia
- wird nächste Woche auch Thema an der Konferenz der Internationalen
Arbeitsorganisation ILO in Genf sein.
Der Zentralvorstand der Mediengewerkschaft comedia protestiert gegen
den Abbau bei der Tamedia und fordert:
· die Sistierung aller Kündigungen, insbesondere auch der Kündigungen
von PersonalvertreterInnen
· transparente Information über die wirtschaftliche Situation von
Tamedia
· sofortige Aufnahme neuer Gespräche mit der Personalkommission und den
Gewerkschaften über mögliche Alternativen zur Massenentlassung
· Rücknahme der Lohnkürzungen bei den ZeitungsverträgerInnen
· die Verwendung der Gewinne aus dem letzten Jahr für einen anständigen
Umgang mit den Beschäftigten bei Tamedia.
comedia sichert den Betroffenen die volle Unterstützung und Solidarität
zu und stellt ihren Kampffonds für alle Aktionen gegen diese
Entlassungen bereit. Auf http://rettet-den-tagi.ch (Tages-Anzeiger) und
http://www.lohnabbau.ch/ (ZeitungsverträgerInnen) können sich alle mit
den Beschäftigten solidarisieren und ihren Protest unterstützen.
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