Mühsame Verfahren zum Polizeiüberfall auf den Fotojournalisten Klaus Rózsa
Am 4. Juli 2008 wurde der Fotojournalist Klaus Rózsa von Zürcher Stadtpolizisten vor dem Hardturmstadion während der Ausübung seiner Arbeit festgenommen und malträtiert. Die Strafuntersuchung gegen die Polizeibeamten kommt nicht vom Fleck.
Im leerstehenden Fussballstadion Hardturm waren an diesem Tag Konzert und Spiele der Gruppe „Brot & Äktschn“ angesagt als Protest gegen die Kommerzialisierung der Fussballeuropameisterschaft. Gegen 18 Uhr 30 rasten zwei Streifenwagen mit Blaulicht und Sirene heran. Polizisten gingen unvermittelt mit Gummigeschossen und Schlagstöcken auf die AktivistInnen los. Der erfahrene Fotojournalist Klaus Rózsa beobachtete mit der Kamera, wie sie „ohne Vorwarnung aus kürzester Distanz“ und entgegen der entsprechenden Vorschriften auf Menschen schossen. Polizeibeamten beschimpften ihn aufs Gröbste und forderten ihn auf, das Fotografieren einzustellen und „abzuhauen“. Rózsa, der bis 2005 Präsident des Sektors Presse der Mediengewerkschaft comedia war, verwies auf seinen Presseausweis und die Medienfreiheit und blieb vor Ort. Daraufhin drückten ihn zwei Polizisten brutal zu Boden und legten ihn in Handschellen. Die angerückte Polizeiverstärkung bedrohte hinzukommende AnwohnerInnen und Passanten mit Hunden und Gummigeschossen.
Ohne Angabe von Gründen wurde Rózsa auf die Zürcher Hauptwache Urania verbracht und eine Stunde festgehalten. Weder wurden die Personalien des Fotografen festgestellt, noch gab es eine Befragung noch irgendein Protokoll. Auch fehlte das obligatorische Verzeichnis der ihm abgenommenen Effekten. Aber offensichtlich wurden die SIM-Karten der beiden Handys des Fotografen kopiert. Nach massiven Beschimpfungen und Bedrohungen wurde er wieder auf die Strasse gesetzt.
Die Mediengewerkschaft comedia verurteilte noch am gleichen Abend den Polizeieinsatz auf das Schärfste. Die Zürcher Stadtpolizei hatte mit diesem Vorgehen die verfassungsmässig garantierte Pressefreiheit verletzt und einen Medienschaffenden an seiner Arbeit gehindert. Sie unterstützte Klaus Rózsa, der noch im Juli 2008 Strafanzeige gegen mehrere Mitglieder des Polizeicorps der Stadtpolizei erhob.
Die Anschuldigungen wiegen schwer: Amtsmissbrauch, Körperverletzung, Freiheitsberaubung, Nötigung, schwere Drohung sowie Verstösse gegen die verfassungsmässig garantierte Medienfreiheit und gegen das Zeugnisverweigerungsrecht.
Der Rechtsstaat behandelt Polizisten und gewöhnliche Bürger unterschiedlich
Ob gegen Beamte wie Polizisten eine Strafuntersuchung durchgeführt wird, entscheidet im Kanton Zürich die Anklagekammer des Obergerichts. Letztere hat gegen die beiden Polizeibeamten, welche Klaus Rózsa festnahmen, die Eröffnung einer Strafuntersuchung bewilligt, weil „nicht auszuschliessen“ sei, „dass diese „unverhältnismässige Gewalt anwandten“. Dies nachdem die Zürcher Stadtpolizei ein halbes Jahr brauchte, um wenigstens einen Teil der von der Staatsanwaltschaft verlangten Angaben zu liefern.
Hinsichtlich des Leiters des Polizeieinsatzes und des Chefs der Uraniawache sah das Zürcher Obergericht keine Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten und entschied gegen die Eröffnung einer Strafuntersuchung - auch nicht auf Rekurs hin. Zum gleichen Entscheid kam das Bundesgericht: die Medienfreiheit sei in der Strafuntersuchung gegen die erwähnten beiden Polizisten zu berücksichtigen und ausserdem seien die Aufnahmen, die Klaus Rózsa erstellte, nicht beschlagnahmt worden. Als Geschädigter könne er eine allenfalls unrichtige Feststellung des Sachverhalts im Zusammenhang mit der Nichtanhandnahme einer Strafuntersuchung inhaltlich nicht überprüfen lassen. Diese rechtsstaatlich stossende Auffassung will die Mediengewerkschaft comedia mit dem Fotografen nun vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg überprüfen lassen.
Inzwischen sind seit dem Polizeieinsatz zwei Jahre vergangen und noch hat gegen die beiden erwähnten Polizisten keine einzige Untersuchungshandlung stattgefunden.
Einer dieser beiden hatte Klaus Rózsa bezichtigt, ihn als Nazi bezeichnet zu haben. Dessen Ehrverletzungsklage haben die Gerichte überaus zügig behandelt und den Fotografen bereits in zweiter Instanz verurteilt. Da dieser aber bestreitet, sich anlässlich seiner Festnahme in dieser Weise abfällig geäussert zu haben, ficht er das obergerichtliche Verdikt beim Bundesgericht an.
Die Mediengewerkschaft comedia fordert die Polizeikorps und ihre politisch Verantwortlichen auf, solche Fälle von polizeilichen Übergriffen endlich zu unterbinden und bei Verstössen sofort energisch einzuschreiten. Die gesetzlichen Grundlagen und die Rechtsprechung sind klar. Zudem haben das Bundesgericht und das Obergericht Zürich in Leitentscheiden im Jahr 2002 festgehalten, dass sich die Polizeibehörden gefallen lassen müssen, „dass ihre Interventionen von Medienschaffenden beobachtet, festgehalten und fotografiert werden“. Eine Dienstanweisung der Stadtpolizei Zürich hält darüber hinaus unmissverständlich fest, dass bei Auseinandersetzungen zwischen Polizisten „im unfriedlichen Ordnungsdienst“ und Medienschaffenden in jedem Fall die Medienstelle beigezogen werden muss.
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