Staatsanwalt stellt Verfahren gegen Journalisten ein und engagiert sich für Pressefreiheit

Ein ausserordentlicher Staatsanwalt des Bundes bricht eine Lanze für die Pressefreiheit und kritisiert das Geheimhaltungsbedürfnis der Politiker scharf, schreibt die «Sonntagszeitung» in der jüngsten Ausgabe. Am Donnerstag habe das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) bekannt gegeben, dass «Andreas Jenzer das vor zwei Jahren eröffnete Verfahren wegen des Verdachts auf Verletzung des Amtsgeheimnisses eingestellt hat».

 

Der Bieler Untersuchungsrichter Jenzer hatte die Frage zu klären, wie gewisse Medien in den Besitz vertraulicher Sitzungsprotokolle der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates im Fall Holenweger gekommen waren. Die Verfahren gegen drei Journalisten wegen «Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen» hat er ebenfalls eingestellt, wie Hanspeter Bürgin in der «SonntagsZeitung» ausführt.

 

Hintergrund des Verfahrens war das Zusammenwirken von Vertretern der Bundesanwaltschaft und der GPK-N-Subkommission unter Leitung der St. Galler Nationalrätin Lucrezia Meier-Schatz im Sommer 2007.

Mit Skizzen des Zürcher Privatbankers Oskar Holenweger sollte ein Komplott bewiesen werden, das zur Absetzung des früheren Bundesanwaltes Valentin Roschacher geführt hatte.

 

Das Vorgehen sei zu einem der peinlichsten Rohrkrepierer der GPK geworden, weil schliesslich ein Komplott gegen Bundesrat Christoph Blocher an die Oberfläche kam. In diesem Kontext veröffentlichte die «Sonntagszeitung» verschiedene Artikel, unter anderem «Blocher systematisch demontiert» oder «Urkundenfälschung bei der Bundespolizei». Dabei stützte sie sich auf vertrauliche Sitzungsprotokolle. Deshalb reichte der Präsident der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates, Pierre-François Veillon, auch drei Strafanzeigen gegen den Verfasser dieser Artikel ein, und zwar wegen «Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen».

 

Der betreffende Artikel 293 des Strafgesetzbuches ist seit Langem umstritten und hätte längst revidiert werden sollen.

Doch die geplante Revision «wurde auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt», wie Jenzer beim EJPD erfahren hat.

Seine Verfügung, mit der er das Verfahren gegen den «Sonntagszeitung»-Journalisten einstellt, komme einer Abrechnung mit der Politik gleich. Die Bestrafung für die Veröffentlichung von etwas, «was faktisch überhaupt nicht mehr geheim war, erscheint unhaltbar», schreibt Jenzer in seiner Begründung.

 

Das Zitieren aus den Protokollen habe das «Funktionieren der staatlichen Institutionen keinesfalls negativ beeinflusst».

Vielmehr zeigten die publizierten Dokumente «klar und deutlich die politische Motivation der Urheber dieser Intrige gegen Bundesrat Blocher und die Abhängigkeit der GPK-N zur Bundesanwaltschaft». Deshalb sei die Veröffentlichung auch «aus presseethischer Sicht nicht zu beanstanden».