Journalisten dürfen auch Spezialeinsatzkräfte der Polizei bei der Arbeit fotografieren, entschied der Verwaltungsgerichtshof. Bei der Veröffentlichung sei von der Rechtstreue des Fotografen auszugehen.
Es sei "ein brisanter Fall" aus dem "Spannungsfeld zwischen Sicherheitsbedürfnis und Pressefreiheit", den der Verwaltungsgerichtshof (VGH) gestern nach Ansicht seines Präsidenten Karl-Heinz Weingärtner zu entscheiden hatte. Journalisten des "Haller Tagblatts" waren im März 2007 Fotos vom Spezialeinsatzkommando (SEK) mitten in Schwäbisch Hall verboten worden. Das war rechtswidrig, entschied der VGH. "Die Polizei darf einem Pressefotografen grundsätzlich nicht die Anfertigung von Bildaufnahmen eines Polizeieinsatzes mit der Begründung untersagen, dass bei einer Veröffentlichung eine Enttarnung der Beamten des SEK drohe", heißt es im Urteil.
Der Einsatz des SEK in einer Fußgängerzone hatte ziemliches Aufsehen erregt.
In drei Fahrzeugen mit verdunkelten Scheiben waren sieben bewaffnete Beamte vorgefahren, um den mutmaßlichen "Sicherheitschef" einer russischen Mafia-Gruppierung aus der Untersuchungshaft zum Augenarzt zu begleiten. Da so etwas im beschaulichen Städtchen eher seltener vorkommt, riefen Beobachter beim "Haller Tagblatt" an. Ein Fotograf und ein Volontär stellten sich mit Presseausweis dem Einsatzleiter vor und baten um Informationen. Zwar erfuhren sie von der Eskorte zum Arztbesuch, doch Bilder wurden verboten. "Wenn Sie fotografieren, beschlagnahme ich ihre Kamera", drohte der Polizist. Die Journalisten gehorchten und verzichteten auf Aufnahmen, konnten den Vorgang deshalb nur beschreiben.
Verleger Claus Detjen gab sich damit nicht zufrieden. Er protestierte gegen das Verhalten des SEK-Einsatzleiters. Da seiner Ansicht nach die Androhung einer Beschlagnahme rechtswidrig war, klagte er vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart. Dort unterlag Detjen. Die Richter gingen davon aus, dass durch die Anwesenheit der Journalisten der Einsatz hätte gefährdet werden können, es habe die Gefahr eines Anschlags auf den Häftling oder dessen Befreiung bestanden. Für den VGH-Präsidenten war die Annahme, dass durch das Fotografieren eine Menschenansammlung entsteht, in der der U-Häftling hätte untertauchen können, jedoch "wenig glaubhaft".
Der Hinweis auf die Gefahrenlage erfolgte ohnedies nicht vor Ort, er wurde später im Zuge des juristischen Verfahrens nachgereicht.
Zunächst ging es allein um die Identität der eingesetzten Polizisten. Der SEK-Mann habe angenommen, von ihm und seinen Kollegen würden Porträts geknipst, erklärte gestern der Anwalt des Landes, Emanuel H. Burkhardt, in der Verhandlung des Verwaltungsgerichtshofs. "Das wäre völlig unprofessionell gewesen", entgegnete Detjen, "es ging um die Szenerie, nicht um Einzelfotos." Er habe "volles Verständnis für den Persönlichkeitsschutz", doch der Redaktion könne nicht von vornherein ein Missbrauch der Pressefreiheit unterstellt werden: "Ein Verbot wegen eines Verdachts kann doch nicht die Regel sein." Zudem hätte die Mafia ja auch verdeckt fotografieren können.
Dass eine rechtswidrige Veröffentlichung drohe, sei kein Grund für ein Verbot, urteilte der VGH, da grundsätzlich von der Rechtstreue eines Pressefotografen auszugehen sei und die abgebildeten Beamten unkenntlich gemacht würden. Notfalls sei "zeitnah" eine "gemeinsame Sichtung der gefertigten Aufnahmen durch Presseunternehmen und Polizei" möglich. Werde die Kooperation verweigert, sei eine Beschlagnahme denkbar.
"Die SEK-Beamten hätten sich ja durch Gesichtsmasken tarnen können", betonte HT-Anwalt Johannes Weberling. In Berlin habe das SEK die Presse sogar zur Verhaftung eines Schwerkriminellen eingeladen.
(Südwest Presse)
Ein Spezialeinsatzkommando rückt an. SEK-Beamte seien zwar besonders gefährdet, sagt der Verwaltungsgerichtshof, auch bei ihren Einsätzen gelte aber: Pressevertretern kann das Fotografieren nicht von vornherein verboten werden. Archivfoto
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Jacob (Montag, 23 Juli 2012 05:37)
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