Die Protestierer in Tunesien organisieren sich auch über das Internet. Das ist gefährlich, denn das Regime fischt nach Passwörtern und Zugängen, um Gegner zu finden.
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Seit Wochen protestieren meist junge Tunesier gegen
schlechte Lebensverhältnisse, gegen Arbeitslosigkeit und hohe Lebensmittelpreise. Und sie demonstrieren gegen die zunehmend despotische Regierung um Präsident Sajn al-Abadin Ben Ali. Der zeigt
sich zwar gern als Staatsoberhaupt einer demokratischen Republik, doch statt freier Presse und Meinungsäußerung sind strikte Zensurmaßnahmen und rigide Strafverfolgung an der Tagesordnung.
Auch das Internet bleibt von staatlicher Überwachung nicht verschont. Offenbar werden die Internetnutzer Tunesiens sogar viel stärker überwacht, als bislang befürchtet.
Bereits seit April vergangenen Jahres werden bekannte Seiten wie Flickr, Youtube und
andere Videoportale blockiert. Der Zugriff auf internationale Nachrichtenseiten ist ebenso eingeschränkt wie die Nutzung von Proxy- und Kommunikationsdiensten wie Voice-over-IP. Soziale
Netzwerke wie Facebook und Twitter sind zwar prinzipiell erreichbar, doch auch dort wird zensiert, sobald jemand "zur Mobilisierung gegen das Regime" aufruft.
Für die meist willkürliche Auslegung und Durchsetzung der Zensur ist die Internetbehörde Tunesiens (Agence Tunisienne d'Internet, kurz ATI) verantwortlich. Sie kontrolliert alle Internetprovider
des Landes und damit auch die Inhalte.
Twitter-Revolution Tunesien zensiert das Netz
Die Protestierer in Tunesien organisieren sich auch über das Internet. Das ist gefährlich, denn das Regime fischt nach Passwörtern und Zugängen, um Gegner zu finden.
Inmitten der Proteste häufen sich Hinweise, dass die ATI und die tunesische Regierung weiter gehen, als bloß Inhalte zu sperren. So berichtete das Technikblog Tech Herald, dass die ATI seit kurzem einen eingeschleusten
Javascript-Code nutzt, um die Passwörter von Facebook-, GMail- und Yahoo-Nutzern aufzuzeichnen. Ist das einmal erfolgreich, können die Behörden auf die persönlichen E-Mails und Nachrichten der
Nutzer zugreifen, die Konten schließlich löschen und die betroffenen Personen verfolgen.
Die Aktionen richten sich vor allem gegen Journalisten und gegen politische Aktivisten. Auch diverse Blogger, die sich kritisch gegenüber dem Regime äußern, klagen immer wieder, dass ihre
Seiten einfach verschwanden. Zudem seien über 100 Facebook-Gruppen in den letzten Wochen für tunesische Nutzer gesperrt worden, meldet die Website allafrica.com.
Schon die Proteste im Iran 2009 haben gezeigt, dass die Nutzung sozialer Netzwerke wie Facebook oder Twitter Demonstranten und ihre Forderungen unterstützen kann. Gerade in Ländern, in denen die
Medien staatlich kontrolliert werden, dient das Internet als unabhängiges und meist einziges Sprachrohr der Gegner. Folglich versuchen die Regierungen, das Netz entsprechend stark zu regulieren.
Es scheint jedoch, als hätte Ben Alis Zensurpolitik neues Protestpotenzial mobilisiert. So hat sich die Hackergruppe Anonymous inzwischen das Ziel gesetzt, die Websites tunesischer Behörden zu attackieren. Operation Tunisia lautet der Titel der Aktion. Auch in Tunesien selbst führt die zunehmende Zensur dazu, dass der Widerstand wächst. "Die Jugend verweigert die Vormundschaft der Zensoren, und nutzt das Web 2.0, um sich zu emanzipieren", schreibt der tunesische Blogger Anis Ibn Baddouda auf seiner Seite.
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Kolagen proti vráskám (Dienstag, 29 Mai 2012 23:28)
will be restored before long
Jamie (Donnerstag, 05 Juli 2012 02:46)
Thanks for details