Ungarn ändert sein umstrittenes Mediengesetz nun doch, und zwar
in allen von Brüssel geforderten Punkten. Die Kommission sei mit
den Schritten zufrieden, sagte ein Sprecher von Medienkommissarin
Neelie Kroes.
Nach Angaben der EU-Kommission ist Budapest nun unter anderem bereit, ausländische Medienkonzerne von Geldbussen und dem Zwang zur Registrierung unter bestimmten Bedingungen zu befreien. Brüssel hatte beanstandet, dass das Mediengesetz gegen die
audiovisuelle Richtlinie der EU verstosse.
Die EU-Kommission kritisierte vor allem die Pflicht zur Ausgewogenheit der Berichterstattung. So eine Vorschrift sei zwar üblich für Fernsehanstalten, in Ungarn werde sie jedoch auf
alle audiovisuellen Medien ausgedehnt, also auch auf audiovisuelle Blogs oder Abrufvideodienste. Es gebe keine Einschränkungen hinsichtlich Grösse, Marktanteil, angestrebtem Publikum
oder Inhalt, was ein «unverhältnismässiges Hindernis» für die Betreiber von Mediendiensten darstellen könne. Die sehr allgemein gefassten Kriterien für «Ausgewogenheit» könnten ausländische Medienanbieter von einem Eintritt in den ungarischen Markt abhalten.
Die EU-Kommission geht nach Worten eines Sprechers davon aus, dass Ungarn sein Mediengesetz nun mit den EU-Gesetzen und der Grundrechte-Charta in Einklang bringen wird. Der Streit hatte den Auftakt der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft zu
Jahresbeginn überschattet.
Damit ist die Sache natürlich überhaupt nicht gegessen. Die Kritik am Mediengesetz geht viel weiter und die Forderungen an die Aenedrungen auch. Die EU-Kommission konnte und wollte diese nicht weiter verfolgen, da diese Kommission auch von rechts-konservativen Parteien kontrolliert ist. (ro.)
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Reporter ohne Grenzen (Donnerstag, 17 Februar 2011 19:38)
Ungarn: Änderungen des Mediengesetzes unzureichend
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>17.2.2011 Auch nach den versprochenen Änderungen des ungarischen
>Mediengesetzes bleibt es nach Einschätzung von Reporter ohne Grenzen bei inakzeptablen Eingriffen in die Pressefreiheit. Die ungarische Regierung will das Gesetz nur in Nebenaspekten anpassen. Der Charakter des Mediengesetzes bleibt erhalten. Auch in der novellierten Form bleibt der Quellenschutz nicht gewährleistet und die ungarische Regierungspartei kann weiterhin direkt auf private Medien einwirken, kritisiert ROG.
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"Die EU-Kommission hat mit ihren minimalen Forderungen an Ungarn die Latte so niedrig gehängt, dass die Regierung in Budapest bequem darauf eingehen konnte, ohne die Gängelung auch der privaten Medien aufzugeben", sagte ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske. Er warnte davor, es als Erfolg für die Pressefreiheit zu werten, dass der Konflikt zwischen der EU-Kommission und der ungarischen Regierung damit beendet sei. Diese Sicht lasse völlig außer Acht, dass die EU die massiven Verstöße gegen Grundsätze der Pressefreiheit im ungarischen Gesetz aus formalen juristischen Gründen gar nicht erst bemängelt hat. So hat die EU die einseitige Zusammensetzung der ungarischen Medienbehörde nicht untersucht, obwohl dort ausschließlich der Regierungspartei nahestehende Personen eingesetzt wurden. Reporter ohne Grenzen kommt deshalb zu dem Urteil, dass die EU-Kommission offenbar nicht in der Lage ist, den Grundrechteschutz im Bereich der Pressefreiheit gegenüber Mitgliedsstaaten durchzusetzen.
Die Menschenrechtsorganisation weist zugleich darauf hin, dass
Politiker wie der italienische Staatspräsident Silvio Berlusconi und der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy für Ungarn schlechte Vorbilder sind. Sie haben gezeigt, wie selbst bei den
Gründungsmitgliedern der EU das Prinzip der Staatsferne gegenüber den Medien erfolgreich ausgehebelt wurde. Beide Regierungen haben in den vergangenen Jahren öffentlich-rechtliche und private Medien schamlos für ihre Zwecke instrumentalisiert. Es erstaunt daher nicht, dass ein kleiner EU-Mitgliedsstaat wie Ungarn sich nicht scheute, diesen Weg ebenfalls einzuschlagen.
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Angesichts dieser besorgniserregenden Entwicklung in der EU hält
Reporter ohne Grenzen an seiner Forderung fest, das ungarische
>Mediengesetz ganz zu stoppen. "Die EU macht sich unglaubwürdig, wenn sie Budapest mit diesen kleinen kosmetischen Änderungen davonkommen lässt", sagte Rediske.