Die iranische Regierung plant laut einem Bericht des Wall Street Journal ein "nationales Internet" – de facto eine Abschaltung internationaler Verbindungen und damit eine noch weitreichendere Zensur, als sie das Land ohnehin schon zu erdulden hat.
Offenbar kommt man mit den das WWW betreffenden Zensurbemühungen kaum nach, so dass sich die Führung unter Präsident Ahmadinedschad zu diesem Schritt entschlossen hat. Dem Volk – immerhin haben bislang rund 11 Prozent der Einwohner einen Zugriff auf das Netz – verkauft man die Maßnahme indes als kostensparende, dem islamischen Moralkodex angemessene Alternative. Der Leiter des der iranischen Telekommunikationsbehörde unterstellten Forschungsinstituts, Reza Bagheri Asl, schätzt, das bald 60 Prozent der Internet-Anschlüsse dem nationalen Internet zugeschlagen sein könnten.
Irans eigenes Netz soll nach dem Sprecher des Wirtschaftsministeriums Ali Aghamohammadi "halal" sein, sich also ganz den ethischen und moralischen Normen der islamischen Welt unterordnen. Das "Net ohne Inter" soll zunächst parallel zum bestehenden Internet aufgebaut werden; Banken, Behörden und große Firmen sollen so lange noch Zugriff auf das gesamte Internet haben, bis die Infrastruktur des Parallelnetzes eine Abschaltung internationaler Verbindungen erlaubt; andere islamische Länder sollen ebenfalls unterstützt werden, es dem Iran gleichzutun. Noch aber sei alles eine Frage des technischen Fortschritts. Immerhin sei sogar ein Ersatz des Klassenfeind-Betriebssystems Windows geplant, und die Revolutionsgarde schule Hacker in "Soft War"-Angriffen.
Die Abschaltung könnte dem autoritären Regime aber mehr schaden als nutzen, meinen nicht nur Islamkritiker: Schließlich ist das Internet im Iran seit Anfang der 90er-Jahre präsent und ein ernstzunehmender Wirtschaftsfaktor. Sollte sich das Land so isolieren, hätte dies enorme Auswirkungen auf den Außenhandel und auf Investitionen ausländischer Handelspartner.
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