Schwere Rüge für Strafverfolger
Das Strafverfahren gegen zwei Polizisten, die
den Pressefotografen Klaus Rozsa verhafteten,
ist laut Bundesgericht zu Unrecht eingestellt worden.
Von Thomas Hasler
Zürich/Lausanne – Am 4. Juli 2008 hatte
Klaus Rozsa die polizeiliche Räumung des besetzten Hardturmstadions dokumentieren
wollen. Der Pressefotograf wurde von der Polizei aber aufgefordert, den Ort des Geschehens zu verlassen.
Als er sich unter Hinweis auf seinen Pressestatus weigerte, wurde er verhaftet und
auf dem Polizeiposten 90 Minuten lang festgehalten. Bei der Aktion zog er sich
diverse Verletzungen zu. Rozsa reichte eine Strafanzeige wegen Freiheitsberaubung,
Nötigung, Amtsmissbrauch und Körperverletzung ein. Doch die Staatsanwaltschaft
stellte das Strafverfahren ein. Rozsa sei zu Recht wegen Hinderung
einer Amtshandlung verhaftet worden.
Weil er sich gegen die «Anhaltung gesperrt» habe, habe er «die erlittenen Verletzungen
selbst zu verantworten».
Die vom Obergericht bestätigte Einstellung des Strafverfahrens hat das Bundesgericht
jetzt aufgehoben. Es wies die Staatsanwaltschaft an, gegen die beiden
Polizisten einen Strafbefehl zu erlassen oder Anklage zu erheben. Im Urteil warf
das Bundesgericht eine zentrale Frage auf: War Rozsa überhaupt verpflichtet,
den Befehl zu befolgen, das Fotografieren zu unterlassen und sich vom Ort des
Geschehens zu entfernen? Dieser Entscheid liege nicht im Belieben der Polizei.
Nur wenn die «hautnahe Präsenz» des Fotografen polizeiliches Handeln «in
schwerwiegender Weise» behindere, komme eine Einschränkung der Medienfreiheit
infrage.
Im konkreten Fall sei aber «unklar», ob Rozsa den Polizeieinsatz überhaupt behindert habe.
Es genüge nicht, dass die Polizisten bloss «subjektiv» dieses Gefühl gehabt hätten.
Auch der Transport auf den Polizeiposten hätte sich «erübrigt»:
Rozsa habe sich vor Ort mehrfach ausweisen wollen. Die Strafverfolger hätten
diese Zeugenaussagen aber nicht zur Kenntnis genommen. Insgesamt fehlte
den Beamten damit ein Rechtfertigungsgrund für die Verhaftung.
Tages-Anzeiger – Mittwoch, 19. Juni 2013
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